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Anforderungen

Karies unter vorhandenen Füllungen und Kronen = Sekundärkaries

Patientinnen und Patienten fragen sich oft, auf welcher Qualitätsstufe ihre Füllungen angefertigt wurden.

Anforderungen an eine gute Füllung sind:

  • Abdichtung des durch Karies hervorgerufenen Defektes im mikroskopischen Maßstab mit dem Ziel, Bakterien dauerhaft den Zutritt zum Defekt zu versperren und erneute Karies zu verhindern.
  • Schutz des Zahnmarkes vor Schäden durch Mikroorganismen und Chemikalien, Hitze und Kälte.
  • Wiederherstellung der ursprünglichen Zahnform.
  • Wiederherstellung der ursprünglichen Ästhetik.
  • Wiederherstellung der ursprünglichen Belastbarkeit des Zahnes.
  • Stabilisierung bruchgefährdeter Zahnwände.
  • Glatte, hygienefähige Oberflächen, besonders im Zahnzwischenraum und in Zahnfleischnähe.

Fallbeispiel 1

Qualitätsmerkmale bei Kunststoff-Füllungen

Optimale Kunststoff-Füllungen erfordern mindestens die folgenden Arbeitsschritte und Hilfsmittel:

  • Kofferdam
  • Lupenbrille mit Licht (Vergrößerung mindestens fünffach) oder Mikroskop.
  • Markierungsfarbstoff zur Kariesdiagnostik.
  • Minimalinvasives Vorgehen mir kleinen Bohrern und häufigen Zwischenkontrollen.
  • Keine Verletzung von Nachbarzähnen (wird leider in 50 bis 80 Prozent der Fälle beobachtet).
  • Keine Verletzung am Zahnfleisch.
  • Präparation einer langfristig widerstandsfähigen und vor Frakturen weitgehend sicheren Zahnform.
  • Sorgfältige Auswahl und Anpassung der Formen zum Aufbau der Füllung ("Matrizen").
  • Sorgfältige Anwendung der Klebetechnik mit hochwertigen Klebern (= Adhäsivtechnik).
  • Ausgereifte Schichttechnik: elastische Pufferschicht zum Erhalt der Dichtigkeit unter Kaulast trotz mikroskopischer  Formveränderungen des Zahnes, maximale Schichtstärke jeder einzelnen Schicht 2 mm, Anbringen neuen Materials immer nur an einer Wand des Defektes, entsprechend große Anzahl von einzelnen Materialschichten.
  • Vollständiges Aushärten des Füllmaterials mit mindestens 20 Sekunden Belichtungsdauer pro Schicht mit leistungsfähiger Blaulichtlampe (1000 bis 1500 mW/cm²) bei präziser Ausrichtung des Lichtbündels. Geringere Belichtung ergibt unvollständig gehärtetes Füllmaterial und führt zum baldigen Versagen der Füllung durch Undichtigkeit oder Bruch.
    Zu hohe Lichtleistung verursacht Überwärmung und Hitzeschäden bis hin zum Absterben des Zahnmarkes mit der Notwendigkeit einer Wurzelbehandlung.
  • Anatomisch korrekte Ausgestaltung aller Flächen.
  • Sorgfältige Anpassung der Höhe in Bezug zum Gegenzahn. Bereits 1/100stel Millimeter Abweichung wird vom Patienten als Störung registriert und verursacht Fehlbelastungen mit möglichen Folgeschäden.
  • Genaue Anpassung der seitlichen Kontaktzonen zu den Nachbarzähnen. Fehlt hier Füllmaterial, klemmen sich Speisereste ein und verletzen das Zahnfleisch. Ist der Kontakt zu stark oder zu breit, ist Zahnseide nicht anwendbar. Als Folge ist eine Entzündung des Zahnfleisches und später eine Parodontalerkrankung vorprogrammiert; zugleich steigt das Risiko erneuter Karies stark an, weil die Reinigung hier verhindert wird.
  • Glatte unsichtbare Randübergänge ringsum, insbesondere an den schwer sichtbaren zahnfleischnahen oder gar unterhalb des Zahnfleischsaums gelegenen Füllungsrändern. Stufen, Überschüsse und Kanten an dieser Zone verursachen Parodontitis und Karies. Zahnseide darf am Rand nirgends hängen bleiben.
  • Politur aller Oberflächen, insbesondere auch im schwer zugänglichen Zahnzwischenraum.
  • Exakte Wahl der Farbe.
  • Oberflächenstruktur in Entsprechung zur benachbarten natürlichen Zahnoberfläche.

Mit zunehmender Behandlungszeit sind Verbesserungen der Qualität zu erwarten.

Probleme bei Füllungen ohne Kofferdam

Wird auf Kofferdam verzichtet, so sind Behandler und Assistenz nur zu oft von der eigentlich notwendigen Konzentration auf präzise Arbeit an der Füllung abgelenkt durch die Notwendigkeit,

  • Speichel abzusaugen
  • Weichteile abzuhalten
  • Sekrete aus der Zahnfleischfurche abzusaugen
  • Durchfeuchtete Watterollen auszuwechseln - wobei das Kontaminationsrisiko für die halbfertige Füllung extrem erhöht ist
  • Zahnfleischblutungen mit Medikamenten zu stillen, die bei Kontakt mit der Zahnoberfläche ihrerseits die Haftung des Füllmaterials an der Zahnsubstanz verhindern und zur Spaltbildung führen

Fallbeispiel 2

Ein Jahr alte Füllungen, die ohne Kofferdam angefertigt wurden. Digitale Bissflügel-Röntgenaufnahme zur Kontrolle. 

Die roten Pfeile weisen auf Spalten.

Der violette Pfeil weist auf fehlenden Kontakt im Zwischenraum.

Die orangenen Pfeile weisen auf Überschüsse. Beide Füllungen müssen bald erneuert werden, um Karies und Zahnfleischentzündung zu verhindern.

Speisereste bleiben an allen orange und violett markierten Stellen hängen. Sie fördern das Keimwachstum und schädigen das Zahnfleisch.

 

Klinisches Bild derselben Füllungen - Markierungsfarbe verdeutlicht Randspalten. Orangener Pfeil: Nicht im Röntgenbild, sondern nur optisch sichtbarer weiterer Überschuss mit vermehrter Ansammlung von Zahnbelag.

 

Blick von innen in den Zahnzwischenraum:

  • Karies (rote Pfeile) ist bereits in der Tiefe der Zahnsubstanz ausgedehnt und schimmert dunkel durch den Zahnschmelz durch.
  • Die Oberflächen sind rau und mit reichlich Zahnbelag bedeckt
  • Die im Röntgenbild sichtbaren Überschüsse deuten sich an, sind jedoch zum größeren Teil vom geschwollenen Zahnfleisch verdeckt. Der orangene Pfeil weist auf denselben Überhang wie im Bild zuvor.

 

Nach Entfernen der Füllungen: Karies hat viel weitere Zahnsubstanz zerstört und erstreckt sich bis unter den Zahnfleischsaum. Der umrahmte Abschnitt erscheint vergrößert als Ausschnitt im Folgebild.

 

Dunkel erscheint zu entfernende Karies. Die mit roten Pfeilen markierte glänzende Flüssigkeit ist stetig hervorsickerndes Entzündungssekret aus der Zahnfleischfurche. Würde das Sekret abgesaugt, würde dieselbe Menge nach ca. 30 Sekunden erneut hervortreten.

 

Berührung des entzündeten Zahnfleisches löst sofort eine Blutung aus. Exakte Arbeit ist unmöglich. Nicht einmal an das Ausbohren der Karies ist zu denken, schon gar nicht an eine neue dichte Füllung. Dies ist der "Normalfall" beim Entfernen undichter defekter Füllungen.

Hier unter diesen Bedingungen einen dichten, sauberen, glatten Füllungsrand herzustellen ist nicht vorstellbar. Eine Reinigung mit Zahnseide wird dem Patienten danach nicht hinreichend gelingen können. Vom ersten Tag an würden Bakterien optimale Wachstumsbedingungen vorfinden und den Zahn beschleunigt weiter zerstören. Der Patient wird davon möglicherweise nichts spüren, denn die Füllung wird irgendwo in anderen Teilbereichen gerade noch so viel Halt finden, dass sie nicht gleich herausfällt, sondern die Zerstörung der Zahnsubstanz verdeckt. Die nächste Karies wird unter noch schwierigeren Bedingungen behandelt werden müssen, wenn nicht gar schon die Entscheidung zur Entfernung des Zahnes folgt.

Der Unterschied - mit und ohne Kofferdam zeigt in Fallbeispielen, was in ähnlicher Weise ohne Kofferdam behandelten Zähnen widerfahren kann.

 

Nach Anlegen von Kofferdam: Ein sauberes trockenes Arbeitsfeld. Karies konnte nun sicher erkannt, erreicht und vollständig entfernt werden. Die verbliebene dunkle Zahnsubstanz konnte einfach untersucht werden. Sie erwies sich nach vorsichtigem Ausbohren beim Tasten mit der Sonde als hart und kariesfrei. Weiteres Bohren würde den Zahn schwächen und möglicherweise das Zahnmark freilegen. Die neuen Füllungen sind nun herzustellen.

 

Die neuen, mit Kofferdam in aufwändiger Schichttechnik erstellten Füllungen. Die Füllungsfarbe ist korrekt gewählt. Der Zahnschmelz ist temporär aufgehellt durch Wasserabgabe während der Trockenlegung. In etwa zwei Stunden nimmt der Zahnschmelz die abgegebene Feuchtigkeit wieder auf und ist dann mit den Füllungen farbidentisch.

Mit zunehmender Behandlungszeit sind ohne Kofferdam Verbesserungen der Qualität nicht zu erwarten, weil die Hauptprobleme ungelöst weiter bestehen. Mit zunehmender Behandlungszeit steigt das Risiko der Befeuchtung und Kontamination des noch offenen Defektes durch Feuchtigkeit und Keime immer weiter an. Auch wenn nur für Sekunden oder für Teile des Defektes eine Kontamination erfolgen würde, wäre an diesem Bereich die Dichtigkeit verloren. Für eine korrekte Fortsetzung der Arbeit wäre es notwendig, das gesamte kontaminierte Material mit Wasserkühlung heraus zu schleifen, den Zahn erneut besser trocken zu legen und die gesamte Arbeit zu wiederholen.

Doch mit einem Neustart würde die verfügbare Zeit erst recht knapp. Weitere Zahnsubstanz, Zeit und Geld gingen verloren. So gelangte das Behandlungsteam unter Druck, schneller zu arbeiten, notwendige Kontrollen zu unterlassen, Zeit und Sorgfalt einzusparen, womit die Qualität unweigerlich weiter sinken würde.

Einbußen an Qualität sind bei Arbeiten ohne Kofferdam praktisch unvermeidbar.

Unzureichende Sicht ohne Kofferdam

Füllungsränder im Zahnzwischenraum liegen praktisch immer am Zahnfleischsaum oder sogar darunter. Ohne Kofferdam sind diese Partien nicht sichtbar und nicht kontrollierbar.

Überschüsse bleiben unbemerkt zurück.

Zahnfleischnahe Füllungspartien bleiben unpoliert.

Füllungs-Überschüsse und die Folgen

Zurückgelassene Überschüsse bieten Bakterien beste Lebensbedingungen. Zahnseide sollte diese Zone reinigen. In der Regel lässt der Füllungsüberschuss jedoch die Zahnseide reißen oder auffasern, so dass der Patient bzw. die Patientin sehr bald frustriert auf Zahnseide verzichtet. Andere Hilfsmittel reinigen diese Problemzone erst recht nicht. Ideale Wachtumsbedingungen für Keime sind geschaffen. Die Keime vermehren sich rasant.

Sieben Tage nach Hinterlassen überstehender Füllungsränder treten Zahnfleischblutung und Zahnfleischentzündung an fast 100% aller Ränder auf.

Das Risiko für erneute Karies und Parodontitis ist dann stark erhöht.

Randspalten

Randspalten sind innerhalb von Stunden nach ihrer Entstehung vollständig von Bakterien gefüllt. Nährstoffe für Keime stehen hier ebenfalls ständig zur Verfügung. Karies ist „vorprogrammiert“. Je nach den lokalen Bedingungen ist die Frage nur, wie viele Monate oder Jahre vergehen, bis die Karies erkannt wird.

Die Rate und Geschwindigkeit der Bildung erneuter Karies (= Sekundärkaries) hängt u.a. ab von

  • Spaltbreite
  • Spaltlokalisation
  • Ernährungsgewohnheiten
  • Mundhygienequalität
  • Belastung z.B. durch Knirschen
  • Qualität des Klebeverbundes zwischen Füllung und Zahn
  • bzw. der Zementqualität bei Inlays
  • Freisetzung karieshemmender Inhaltsstoffe aus Füllmaterialien:
    A)  Glasionomerzemente setzen karieshemmende Fluoride frei.
    B)  Amalgame setzen Metalloxide frei und hemmen damit das Bakterienwachstum.

Glasionomerzemente haben erhebliche technische Mängel wie z.B. Rissbildung und geringe Festigkeit, Amalgame unterliegen Veränderungen durch Korrosion und können Zahnfrakturen nicht verhindern. Beide Materialien können daher heute nicht mehr empfohlen werden.

Unter Einlagefüllungen (=Inlays) und Kronen entstehen Spalten im Lauf der Zeit durch Alterungsprozesse im Befestigungszement, der viel weniger beständig ist als Inlay und Krone selbst, auch weniger beständig als Füllmaterialien.

Unter Amalgamfüllungen wurden Keime dabei durch aus dem Amalgam freigesetzte Bestandteile im Wachstum gehemmt, weshalb sich Karies unter Amalgam eher langsam ausbreitete. Andere Gründe sprechen heute oft gegen die Anwendung von Amalgam.

Unter Kunststoff-Füllungen finden Mikroorganismen viel bessere Wachstumsbedingungen.

Durch diese Spalten drangen Keime aus der Mundhöhle erneut in den Zahn ein und verursachten erneut Karies. Wurde Karies nicht rechtzeitig behandelt, kam es als weitere Folge zur Infektion des Zahnmarks mit der Notwendigkeit einer Wurzelbehandlung.

Goldhämmerfüllungen bieten die beste und langlebigste Randqualität aller Füllungsarten, sind jedoch durch Kunststoff-Materialien weitgehend verdrängt worden.

Seit etwa 1995 ist eine spaltfreie keimdichte und kraftschlüssige dauerhafte Klebeverbindung zwischen Kunststoff-Füllmaterial und Zahnsubstanz möglich, und zwar sowohl als Verbindung mit dem Zahnschmelz als auch mit dem Zahnbein (=Dentin).

Damit verbessert sich die Prognose und die Lebenserwartung der Füllung und des Zahnes entscheidend.

Karies unter vorhandenen Füllungen und Kronen = Sekundärkaries

Eine mechanische Verankerung hindert eine Füllung oder Krone daran, aus dem Zahn herauszufallen. Das Problem dabei: Eine mechanische Verankerung hindert Bakterien nicht daran, im Spalt zwischen Füllung und Zahn einzudringen und Karies zu verursachen. Dies beginnt unmittelbar nach dem Herstellen einer zahnärztlichen Arbeit. Häufig bleibt Karies sehr lange Zeit unbemerkt. Folge kann eine fast vollständige Zerstörung der Zahnkrone sein.

Wurde Karies nicht rechtzeitig behandelt, kann eine Infektion des Zahnmarks mit der Notwendigkeit einer Wurzelbehandlung entstehen.

Amalgam und Goldhämmerfüllungen wurden rein mechanisch verankert und erreichten - wenn mit Kofferdam gearbeitet wurde - hohe Präzision und lange Lebensdauer.

In Randspalten unter Kunststoff-Füllungen finden Keime dagegen kein Hindernis und breiten sich viel rascher aus als unter Amalgam oder Gold – mit entsprechend ungünstigen Ergebnissen.

Füllungen finden auch Halt unter überhängenden Zahnwänden und/oder an Schrauben bzw. Stiften. Bei falscher Formgebung kann eine lockere Krone oder Füllung auch an den Nachbarzähnen hängen bleiben, so dass die Lockerung unbemerkt bleiben kann.

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